Meditationskreis 6

Montag 09.12.2024

Es wird lauschig, wo es doch draußen kalt und wild ist:

Die Kraft der Atmung im Zazen: Ein Schlüssel zur inneren Ruhe

Zazen – die Praxis des Sitzens ins Kraft und Stille – ist weit mehr als nur eine körperliche Übung. Es ist ein Weg, um in die Tiefe des eigenen Selbst einzutauchen, den Geist zu beruhigen und eine tiefere Verbindung zum Moment zu finden. Einer der zentralen Aspekte dieser Praxis ist die Atmung. Doch wie atmen wir richtig, wenn wir uns im Zazen befinden? Welche Rolle spielt die Atmung und wie können wir sie als Werkzeug nutzen, um mehr Achtsamkeit und Klarheit in unserem Leben zu erfahren?

Die Atmung als Brücke zwischen Körper und Geist

Im Zazen geht es nicht nur darum, den Körper ruhig zu halten, sondern auch darum, den Geist in den Zustand der Präsenz zu führen. Die Atmung ist der verbindende Kanal, der Körper und Geist miteinander in Einklang bringt. Sie ist die Brücke zwischen dem inneren und äußeren Universum. Wenn wir bewusst und achtsam atmen, wird der Moment der Stille zu einer tiefen Erfahrung der Einheit.

Zazen lehrt uns, die Atmung zu beobachten, ohne sie zu kontrollieren. Im Gegenteil: Je mehr wir den Atem loslassen, desto mehr können wir seine natürliche Rhythmen wahrnehmen. Es geht nicht darum, die Atmung zu manipulieren oder zu verändern, sondern darum, sie in ihrer reinen Form zu erfahren – ohne Urteil und ohne Anstrengung.

Die richtige Atemtechnik im Zazen

Die Atmung im Zazen ist tief, ruhig und gleichmäßig. Sie erfolgt hauptsächlich über den Bauch (Zwerchfellatmung), nicht über die Brust. Der Atem ist lang und sanft, aber auch klar und präsent. Hier sind einige grundlegende Hinweise, um die richtige Atmung zu fördern:

  1. Achtsamkeit auf den Atem legen: Beginne damit, deine Aufmerksamkeit sanft auf den Atem zu richten. Beobachte, wie die Luft in deinen Körper einströmt und wieder ausströmt. Lass die Atmung ihren natürlichen Fluss nehmen, ohne sie zu forcieren.
  2. Zwerchfellatmung: Versuche, bewusst den Bauchraum zu erweitern, wenn du einatmest, und ihn zu entspannen, wenn du ausatmest. Diese tiefe Atmung aktiviert das parasympathische Nervensystem und bringt den Körper in einen Zustand der Entspannung.
  3. Ruhige, gleichmäßige Atemzüge: Dein Atem sollte gleichmäßig und ruhig fließen. Versuche, alle Hektik und Anspannung aus deinen Atemzügen zu entfernen. Auch kurze Atempausen zwischen den Ein- und Ausatmungen können hilfreich sein, um die Präsenz zu verstärken.
  4. Vermeide Überanstrengung: Wenn der Atem flach oder hektisch wird, ist das ein Zeichen dafür, dass du vielleicht zu viel versuchst oder deine Haltung nicht ganz optimal ist. Kehre immer wieder zu einer natürlichen, unangestrengten Atmung zurück.

Der Atem als Spiegel des Geistes

Die Atmung ist ein empfindlicher Spiegel unseres Geistes. Wenn der Geist ruhig und zentriert ist, wird auch der Atem ruhig und gleichmäßig. Wenn der Geist jedoch rastlos oder angespannt ist, wird auch der Atem flach und unregelmäßig. Dies ist eine wertvolle Erkenntnis in der Praxis des Zazen: Der Atem zeigt uns unmittelbar, wie es um unseren inneren Zustand steht.

In Momenten der Unruhe oder Ablenkung kannst du die Atmung als Anker verwenden, um wieder in den gegenwärtigen Moment zurückzukehren. Indem du den Atem bewusst verfolgst, lenkst du deine Aufmerksamkeit weg von den Gedanken und bringst dich wieder in einen Zustand der Achtsamkeit. So wird der Atem zu einem unschätzbaren Begleiter auf dem Weg zur inneren Ruhe.

Der Atem als Tor zur Meditation

Durch die bewusste Atmung im Zazen öffnen sich die Tore zu einer tieferen Meditation. Wenn der Atem ruhig fließt, beruhigt sich der Geist. In dieser Stille können wir die wahre Natur unseres Seins erkennen. Der Atem führt uns immer wieder in den Moment zurück, lässt uns die Gegenwart erleben, wie sie ist, ohne das ständige Streben nach mehr oder weniger.

Die Atmung ist der goldene Faden, der uns durch die Praxis des Zazen führt – immer wieder zurück zu uns selbst, immer wieder zurück zu der einfachen Wahrheit des Augenblicks.

Der Kleine Qi-Kreislauf und die Gehmeditation: Vertiefung der Zazen-Praxis

Neben der stillen Sitzmeditation (Zazen) gibt es in der buddhistischen und taoistischen Traditionen weitere Praktiken, die helfen, die Energie (Qi) zu kultivieren und den Geist zu beruhigen. Zwei solche Praktiken sind der kleine Qi-Kreislauf und die Gehmeditation – beide können als wertvolle Ergänzungen zur Atmung im Zazen betrachtet werden.

Der Kleine Qi-Kreislauf: Der Fluss der Lebensenergie

Der kleine Qi-Kreislauf ist ein Konzept aus der traditionellen chinesischen Medizin und Taoismus, das die Bewegung der Lebensenergie (Qi) durch den Körper beschreibt. Diese Energie fließt entlang der sogenannten Meridiane und bildet einen geschlossenen Kreis, der den Körper vitalisiert und die geistige Klarheit fördert.

In der Zazen-Praxis können wir durch die Atmung und unsere Aufmerksamkeit diesen kleinen Kreislauf aktivieren und stabilisieren. Der Kreislauf wird so genannt, weil er die Energie entlang der sogenannten Du-Mai (dem „Rückenkanal“) und Ren-Mai (dem „Bauchkanal“) bewegt – zwei zentrale Meridiane, die den gesamten Körper durchziehen. Der Kreislauf verläuft in einer Art Ring in der Tiefe des Körperinneren von der Unterlippe über die Bauchseite bis zum Damm und von der Unterseite der Wirbelsäule bis zur Stirn und zurück.

Wie funktioniert der Kleine Qi-Kreislauf im Zazen?

  1. Konzentration auf die Atmung: Spüre wie bei der Ausatmung dein Rippenbogen entspannt loslässt und diese Bewegung erst physisch in deinem Brustkorb zu spüren ist, und wenn dein Rippenbogen nicht weiter sinken kann, dann spüre in deinen Bauch und Beckenbereich. Spüre genau hin und entdecke das im Übergang der Ausatmung und Atempause feine Energie im Unterbauch spürbar wird. Wie Glitzerstaub der in dir zum Becken sinkt. Dann folgt automatisch der Einatmen, den brauchst du nicht aktiv durchführen, der passiert. Wenn du dann geduldig hinspürst, kann du wahrnehmen, wie die Energie bei der Einatmung die Wirbelsäule aufsteigt. Wenn der Kanal frei wird, kannst du die Energie über deinen Hinterkopf bis hin zum Punkt unter deiner Nase spüren.

Lege deine Zungenspitze auf den Gaumenvorsprung hinter deinen Scheidezähnen. So verbindenst du die beiden Energiebahnen.

  1. Visualisierung: Eine gängige Technik ist es, den Qi-Fluss zu visualisieren – als warmes Licht oder als Fluss, der sanft durch deinen Körper strömt. Du kannst dir vorstellen, wie die Energie entlang der Wirbelsäule aufsteigt und über den Kopf, dann über die Stirn und den Bauch wieder nach unten fließt.
  2. Fühlen und Spüren: Mit der Zeit, durch regelmäßige Praxis, wirst du die feinen Energieflüsse in deinem Körper immer deutlicher wahrnehmen können. Der Qi-Kreislauf unterstützt nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die geistige Klarheit und emotionale Balance. Aus diesem Energiekreislauf werden dann alle weiteren Meridiane genährt.

Die Gehmeditation: Bewegung und Achtsamkeit im Einklang

Nach einer 25 min Zazen Sitzung gehen wir still in 10 min Gehmeditation über.

Sie wird oft als Ergänzung zur Zazen-Praxis verwendet und ist eine wunderbare Möglichkeit, Achtsamkeit und Bewegung zu verbinden.

Was ist Gehmeditation?

Gehmeditation ist eine sehr langsame und bewusst ausgeführte Form des Gehens, bei der jeder Schritt mit größter Achtsamkeit und Aufmerksamkeit durchgeführt wird. Sie dient dazu, den Geist zu beruhigen und die Energie im Körper zu sammeln. In der Zen-Tradition wird sie oft nach oder während der Zazen-Praxis ausgeführt, um die meditative Haltung auch in Bewegung zu bewahren.

Wie praktiziert man Gehmeditation?

  1. Langsame, achtsame Schritte: Beginne damit, langsam und gleichmäßig zu gehen mit Schritten die immer auf deine halbe Fußlänge beziehen. Achte darauf, wie deine Füße den Boden berühren, wie der Körper sich beim Gehen bewegt und wie der Atem im Einklang mit den Schritten fließt. Beobachte wir du in der Gehmeditation den kleinen Qi-Kreislauf wahrnehmen kannst.
  2. Koordination von Atem und Bewegung: Beim Gehen im Zazen-Stil koordinierst du deinen Atem mit den Schritten. Eine gängige Methode ist es, beim Einatmen einen Schritt zu machen und beim Ausatmen den nächsten. Es ist wichtig, dass die Bewegung nicht hektisch oder gezwungen ist, sondern dass sie in einem sanften, gleichmäßigen Rhythmus verläuft, der dem Atem folgt.
  3. Fokus auf den Moment: Während du gehst, richte deine volle Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment. Beobachte, wie der Körper sich bewegt, wie der Boden unter deinen Füßen ist, und lass alle Gedanken und Ablenkungen los, wenn diese auftauchen. In der Gehmeditation geht es darum, die Achtsamkeit auf die Bewegung des Körpers zu bringen und den Geist in einen Zustand der Präsenz zu führen – auch in der Bewegung.

Während der Gehmeditation kann es passieren, dass du plötzlich eine tiefe Verbindung zu deinem Körper und seiner Energie spürst. Vielleicht bemerkst du, dass deine Atmung tiefer und ruhiger wird, oder du wirst empfindlicher für subtile Veränderungen in deinem Energiefluss.

Zazen und Gehmeditation: Zwei Wege, ein Ziel

Ob du nun in Stille sitzt oder langsam gehst – beide Praktiken führen dich immer wieder zurück zu dir selbst. Die Atmung im Zazen, die Visualisierung des kleinen Qi-Kreislaufs und die bewusste Bewegung in der Gehmeditation helfen dir, deine innere Ruhe zu finden, deine Energie zu harmonisieren und den Geist zu klären. Gemeinsam bilden sie eine kraftvolle Grundlage für deine Meditationspraxis und führen dich zu einem Zustand von innerer Balance und tiefer Achtsamkeit.

Im Online-Bereich findest du weitere geführte Meditationen.

Hier noch ein Link zu kosmischen Atmungübung:

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